Herzsprung

ilse Dunkel  / pixelio.de

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Als es fiel, war klar, es wird brechen.

Aber als du es aufhobst, war es nicht zerbrochen.

Es hatte einen Sprung – einen Sprung zu dir hin war zu sehen.

Davor war es glatt, kalt und hart, doch erst dieser Sprung

macht es schön.

Der Krüppel

Da sitzt er, der Krüppel…

Stehen?

Kann er gar nicht.

Wie ärmlich er doch ist –

Sinan Mucur  / pixelio.de

Sinan Mucur / pixelio.de

in seinem einfachen Kleid.

Wie hilflos er doch ist, in seiner menschlichen Dürftigkeit.

Außer stehen kann er nichts.

Warum nur steht er noch, ist er nicht eine Last für die, welche in tragen?

Er ist wie ein zu früh vertrockneter Stamm eines mächtig zu werden gedachten Baumes.

Doch – er ist krank, konnte nicht wachsen. Jeder geht an ihm vorüber.

Schüttelt innerlich getroffen den Kopf, nicht so dass er es merken könnte –

nur mit dem Blick, der ihm ausweicht.

Was sie nicht sehen können, ist der gewaltige Stamm, in den er sich schmiegt,

der ihn hält.

So ist er mehr, als alle starken und schönen Bäume im Wald.

Er ist nämlich stark genug, sich tragen zu lassen.

Schweigen

M.E.  / pixelio.de

M.E. / pixelio.de

Worte können nicht mehr sagen, was im Herzen verborgen ist.

Zu tief vergraben hinter Mauern aus Schmerz und verkrusteten Wunden,

die immer noch bluten.

Schweigen –  wenn alles geredet und nichts gesagt ist… wo Ohren verstopft sind

mit Urteilen und Wissbegier nach Schwäche und Versagen.

Schweigen – wo kein Raum für Gefühle mehr ist,

die schon lange erstickt auf eine Auferstehung warten.

Schweigen –  wo nur noch ein Torso von Menschsein sich müht.

ohne Glieder vorwärts zu kommen und ohne Arme das Leben zu umfassen.

Schweigen – wo die Striemen von Ratschlägen Furchen in der Seele zurückließen

und das Herz in stählerne Fesseln legten.

Schweigen – ist nicht Gold. wenn es wie armierter Beton eine Zelle für die Einsamkeit baut,

die gehasst und doch willkommen zornig wütet.

Schweigen – wenn alles Schreien um Hilfe, Liebe, gehört werden, wahr genommen zu werden

im Strom von nicht geweinten Tränen verstummt.

Schweigen – wenn die Grabeskälte der Ignoranz das immer wieder letzte Aufbäumen mit einem

“Wie geht es dir?” vom Rand des Mutes, endlich Worte zu finden für das Unsagbare, stürzt.

Bis das Fallen so endgültig ist, dass es kein Fangen mehr gibt.

Wie fangen, wenn es keiner wusste.

Schweigen bleibt zurück, wenn alle schon gegangen sind und Schweigen verweilt

am Grab der Barmherzigkeit….

und von uns – kommen die Blumen.

Herbstmenschen

In der Zeit verloren, verlorst du Zeit, wie der Baum die Blätter

verliert im Herbst.

Er weiß und fühlt nichts vom Frühling, vom Sommer.

Vor ihm nur der kalte trieste Winter.

Die verlorenen Blätter sind ein Teil deines Wesens –

sie fallen unweigerlich…

… verlieren sich … verlieren das Leben.

Das lebensatte Grün wird zum Braun der Totenstarre.

Niemand sagt dir, dass ein neues Grün folgen wird, ja folgen muß.

Stattdessen nackt – streckst du dich dem Winter entgegen.

Du warst ein Ort des fröhlichen Vogeltreibens, Narben der Verliebten zieren deinen Stamm.

Jahr um Jahr kannst du dich nicht bewegen, mitten im Wald.

Einsam unter Bäumen seinen Platz nicht verlassen, es nicht können.

Wann fällt das letzte Blatt für immer?

Wann verlierst du alles – für immer?

Die Blätter sind ein Teil deines Wesens, doch nicht dein Wesen selbst.

Bald bist du vergessen, doch der Wald, der bleibt.

Deine Blätter werden Erde, aus der  neues Leben ersteht.

Aus Erde bist du, zu Erde wirst du und hörst nicht auf ein Herbstmensch zu sein.

Dein Blätterdach schirmt und schützt.

Deine Wurzeln reichen ans Wasser.

Im der Wärme deines Feuers eint sich eine Familie…

So lange währt dein Leben, so kurz ist sein Zweck.

War es das wert, Blätter zu haben und zu verlieren?

Blätter, die niemand jemals zählt?

Wenn verlieren gewinnen heißt, dann hast du mehr gewonnen, als verloren.

Herbstmensch, dich merkt man nicht, niemand ahnt deinen Verlust.

Sie nehmen dich wahr, aber niemand müht sich, dich an zu sehen.

Harry Kroppach  / pixelio.de

Harry Kroppach / pixelio.de

Zu selbstverständlich bist du, nicht schön, nicht besonders…

Im Herbst des Lebens wirst du leer, bedeutungslos, anders als die Blumenmenschen,

Sie erfreuen Herzen.

Du atmest Melancholie, die Melodie der Vergänglichkeit.

Doch mit dem Fall deiner Blätter zeugst du …

vom Neuwerden der Schöpfung und von der Liebe zum Leben.

Selbst wenn dich deine Mutter vergäße,

ich vergesse dich nie.

Warum ein Blog?

Ich habe schon einige Jahre auf dem Buckel, so dass ich die eine oder andere Erfahrung gemacht habe, die ich gerne weitergebe. Ich denke, dass da draußen im Web viele Menschen sind, die gerne stöbern und lesen und da gebe ich gerne meine bescheidene Sicht der Dinge wider. Ich hatte vor Jahren eine Zeit in einer Klinik verbracht und bei Spaziergängen drängten sich mir immer wieder Gedanken auf, die ich niederschrieb. Manches hat mit mir zu tun, manches nur mittelbar. Selbst, wenn diesen Blog niemand lesen sollte, freue ich mich daran, etwas veröffentlichen zu können. So in der Art: “Sev und wie der die Welt sieht…”. Weltanschauung ist ohnehin ein Thema für mich… Natürlich freue ich mich, wenn der eine oder die andere einen Gruß oder seine/ihre Gedanken hinterlässt. Eines kann man nämlich nie genug haben, Bekanntschaften und Freunde… Euer Sev